Jacobs Traum -Neue Jüdische Lieder

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Edition Antes

jakobs traum – neue jüdische lieder

kompositionen von max doehlemann

1 Reflexionen zur hebräischen Bibel – musikalische Midraschim Nr.1:pinchas für traditionellen jüdischen Rezitationsgesang, Schlagzeug-Ensemble (Vibraphon, Marimba, Glockenspiel, Trommeln und diverse Perkussionsinstrumente) und Klavier

Esther Kontarsky, Kantillation / Martin Fonfara, Schlagwerk / Max Doehlemann, Klavier / 6:11 /

2 haschkiwenu für Sopran und Klavier

Text: jüdische Liturgie (Sprache: hebräisch) Andrea Chudak, Sopran / Max Doehlemann, Klavier / 5:51/

3 psalm 137 (deutsch) für Sopran, Viola und Klavier

Andrea Chudak, Sopran / Stefan Roberto Kelber, Viola / Max Doehlemann, Klavier

/ 5:49/

4 passagen für Violine und Klavier.

Artashes Stamboltsyan, Violine / Sarah Stamboltsyan, Klavier

/ 12:19/

5 Reflexionen zur hebräischen Bibel – musikalische Midraschim Nr.2: echa,

für traditionellen jüdischen Rezitations-Gesang und Klavier vierhändig Esther Kontarsky, Kantillation / Arno Waschk und Max Doehlemann,

Klavier

/ 5:48/

6 uwa letzijon für Sopran und Klavier

Text: jüdische Liturgie (Sprache: hebräisch und aramäisch) Andrea Chudak, Sopran / Max Doehlemann, Klavier / 8:37/

7 jakobs traum für Viola und Klavier

Stefan Roberto Kelber, Viola / Max Doehlemann, Klavier

/ 5:06/

8 Reflexionen zur hebräischen Bibel – musikalische Midraschim Nr.3: erstes buch samuel 16:23, für traditionellen jüdischen Rezitations-Gesang, Vibraphon, Marimba, Glockenspiel, Klavier und Elektronik Esther Kontarsky, Kantillation / Martin Fonfara, Schlagwerk / Max Doehlemann, Klavier und Elektronik / 5:10/

Einführung

Die auf dieser cd veröffentlichten Kompositionen suchen engen Bezug zur jüdischen Kultur und Religion. Die zentralen Quellen von jüdischer Überlieferung und jüdi- schem Denken werden mit eigener Subjektivität neu erschlossen. Es sind Ausschnitte aus der jüdischen Liturgie, die vertont worden sind – Haschkiwenu, uWa leZion (auf hebräisch) oder auch eine deutsche Version von Psalm 137. Diese Vokalkompositionen knüpfen formal an Traditionen der Synagogalmusik an, wie sie sich besonders in Deutschland des späten

19. und frühen 20.Jahrhunderts herausgebildet haben. Neben den Liturgie- und Psalmvertonungen enthält die cd auch Kompositionen unter dem Oberbegriff „Musikalische Midraschim / Reflexionen zur hebräischen Bibel“. Unter Midrasch versteht das Judentum eine Art von klassischer Kommentarliteratur, die zum Ziel hat, die Figuren und Ereignisse, die die Bibel erwähnt, noch komplexer und vollständiger auszuleuch- ten. Zugleich aber meint der Begriff den Vorgang des aktiv interpretierenden Bibelstudiums selbst. In dieser Tradition wird Wort für Wort, Satz für Satz der Text der heiligen Schrift erör- tert – im Ergebnis umrankt den biblischen Textkern schließlich ein vielschichtiges Gespinst aus Parallelerzählungen, die das Zeug zu Legenden in sich tragen. Der vorliegende „musikalische Midrasch“ versucht eine solche Auseinandersetzung auf kom- positorischer Grundlage: Jeder Komposition liegt jeweils ein Bibelzitat zugrunde. Dieses wird jedem Stück vorangestellt und in dem Rezitationsstil vorgetragen, wie er für die Synagoge charakteristisch ist. Die Stücke nehmen den musikalischen und metrischen Anteil dieser Zi- tate zur Grundlage und „kommentieren“ sie im Verlauf mit musikalischen Mitteln, wie in einem Midrasch. Sie diskutieren sie, schmücken sie aus, wie eine musikalische Reflexion über tra- ditionelles Material. Dabei wird nicht nur auf das musikalische Material allein, sondern auch assoziativ auf den Inhalt der Verse Bezug genommen. In „Pinchas“ wird nicht nur die Rhythmik, sondern auch die Harmonik aus einer chassidi- schen Rezitationsmelodie aus Israel, die am Anfang erklingt, abgeleitet. Der Gebetstext „Haschkiwenu“ ist dem Abendgebet entnommen. Grundlage der Komposi- tion ist eine selbst entwickelte Organisationsform von Tönen, eine Art kombinierte Reihen- und Skalentechnik. Auf diese Weise entstehen komplexe und kaleidoskopartig schillernde Zusammenklänge. Psalm 137 ist ein Klagelied, das der Sehnsucht der Juden im Exil nach der Eroberung Jerusalems durch den babylonischen König Nebukadnezar im Jahr 586 v.d.Z.Ausdruck verleiht. In diesem Stück gesellt sich zu Sopran und Klavier die Viola, die ihre ganz eigene Expressivität dem Klangbild beifügt. Im Zentrum des musikalischen Aufbaus von „Passagen“ stehen zwei lyrische, ruhige Teile mit einer charakteristischen, thematischen Tonfolge. Umrahmt und miteinander verbunden werden die beiden Teile durch verschiedene musikalische Episoden, die aus dem Grund- material abgeleitet sind. Der zweite musikalische Midrasch „Echa“ behandelt den ersten Vers der Klagelieder Jeremias. Die Reflexion beginnt mit einem klagenden Gesang, den eine stakkatoartige Akkordkette zermalmt. Daraufhin „ver-rückt“ alles: Zwar bleibt das Grund- motiv allgegenwärtig, doch es wird verkehrt, durch mathematisch-kompositorische Mo- delle dekonstruiert und in multiplizierten Intervallen auf seine atomaren Grundkomponen- ten reduziert.

Die rätselhafte Tiefe des hebräisch-aramäischen Liturgietextes „uWA leZion“ ist mit musikalischen Mitteln einzufangen versucht worden. Besonders die sechstönige Reihe e-f-b-a-c-h, die zugleich die harmonische Meta-Struktur liefert und auch zur Melodie des Ausrufs„kadosch, kadosch, kadosch“ in der Mitte des Stücks wird, ist formbildend. Das in seiner Grundstimmung traumartige und geheimnisvolle Stück „Jakobs Traum“ ist klar thematisch strukturiert. Das Thema wird gleich zu Beginn nach einem von Dur nach Moll changierenden Motto eingeführt, weitergeführt; umgekehrt, Motive spalten sich ab, sie bilden die Grundlage für diese Rhapsodie über ein biblisches Motiv. Im „dritten musikalischen Midrasch“ werden auch „virtuelle“ Instrumente verwendet, deren Klänge der Komponist selbst am Rechner hergestellt hat.